Der Gottessohn
Montag
Hi! Ich bin der Sohn des Gottes BimBam. Vielleicht fragt ihr euch, wer dieser Gott ist. Er ist der Gott des Pechs. Er sorgt dafür, dass die Göttin Fortuna nicht manchen Menschen zu viel Glück gibt. (Deswegen ist Gustav Gans (Glücksvogel aus Enten-hausen) durch einen Autounfall umgekommen.) Oh, ich habe vergessen mich vorzustellen. Ich heiße Leopold. Meine Freunde nennen mich Leo. Ich bin zwölf Jahre alt, gehe zur Schule und lebe eigentlich wie ein normaler Mensch, außer dass ich sehr viel Pech habe. Oft lachen meine Klassenkameraden mich aus, weil ich zum Beispiel drei meiner Schulbücher aus Versehen fallen lasse und dann drüber stolper. Freunde habe ich in der Klasse keine. Dafür habe ich in den Ferien einen netten Jungen kennengelernt, mit dem ich oft im kalten Meer gebadet habe und herausgefunden, dass er auch in München wohnt. Wir sind gute Freunde geworden, doch leider können wir uns nicht oft treffen, da er am anderen Ende der Stadt wohnt. Er heißt Valentin und hat auch keine Freunde (außer mir), weil er leicht übergewichtig ist.
Dienstag
Meine Mutter ist menschlich. Ich mag sie sehr, aber ich sehe sie nicht oft, weil sie den ganzen Tag arbeiten muss, um mich zu ernähren. Götter bekommen eben kein Geld für ihren Job.
Mittwoch
Ich schreibe das hier auf, weil mir mit nur einem Freund zu Hause meistens langweilig ist. Wir haben einen irgendwie komischen Nachbarn. Ich bin erst darauf gekommen, dass wir überhaupt einen haben, als Valentin mich hat, wer unser Nachbar ist. Ich habe den Nachbarn noch nicht gesehen und deswegen finde ich ihn komisch. Einmal habe ich bei ihm geklingelt, da hörte ich eine grauenvolle Stimme von oben sagen: „Schauen sie nicht nach oben und verlassen sie sofort mein Grundstück!“
Donnerstag
Heute kam Valentin. Er hatte die verrückte Idee ins Haus unseres mysteriösen Nachbarn einzubrechen und mal zu schauen, was dort abgeht. Da der vordere Eingang anscheinend bewacht wurde, haben wir bis 17:04 Uhr einen Hinterein-gang gesucht. Als ich im Garten auf eine lila Blume getreten bin, brach plötzlich der Boden unter mir weg und ich landete fünf Meter tiefer auf einer weichen Matratze. „Ist alles in Ordnung?“, rief Valentin von oben. Ich antwortete: „Ja, ich bin komischerweise auf einer Matratze gelandet“. „Warte kurz“, brüllte er mir zu, „ich hole eine Leiter!“ Während er losrannte, trat er auf eine andere lila Blume und kam durch eine Rutsche auf die gleiche Matratze wie ich. Es war dunkel, aber langsam gewöhnten sich unsere Augen da-ran. Ich sah, dass wir ge-fangen waren: Neben der Matratze war ein Gitter und die Rutsche war zu glitschig, um hochzuklettern. Auf einmal ging überall Licht an und wir waren vom hellen Schein geblendet. Plötzlich hörten wir die grausige Stimme vom Klingeln sagen: „Da ist mir wohl jemand ins Netz gekommen!“ Ich war wütend und warf meine Mütze auf ihn, doch sie flog gegen die Wand. Die Gestalt lachte schallend auf: „Junge, du wirst mich nicht treffen, da Fortuna mir, ihrem Ehemann Sedrick, unendliches Glück gegeben hat!“
Nun sehe ich, dass er ein Schwert in der Hand hat. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken herunter. Will er uns umbringen? „Ich werde euch leider töten müssen, damit BimBam von nichts mitbekommt“, sagte Sedrick. Ein Feuer der Wut entbrannte in mir, doch ich behielt meine Gedanken für mich. Dieser Typ ließ sich heimlich Glück geben! „Noch irgendwelche letzten Worte?“, rief uns Sedrick zu. Ich betete zu meinem Vater: „Papa, bitte hilf mir.“ Ich dachte: „Hoffentlich kommt jetzt nicht raus, dass das alles nur von meiner Mutter gelogen war.“ Bin ich wirklich der Sohn eines Gottes? Plötzlich überflutete Sedrick das Pech. Man sieht es, aber man kann das Aussehen davon einfach nicht beschreiben .Ich und Valentin wurden ohnmächtig von der Aura dieses Phänomens. Viel später wachte ich in meinem Zimmer auf. Meine Mutter hatte von BimBam erfahren, dass ich in diesem Loch feststeckte und hatte die Feuerwehr gerufen. Diese Geschichte ist der endgültige Beweis, dass es Götter gibt.
ENDE
Die Mini-München Stadtschreiber*innen 2020, Martin
Verwendet für folgendes Produkt des w ö r t e r k i o s k: bild